Evelyn Windisch

Bonhoeffer-Messe

Berichte 2025

Ein Rückblick: Gelebte Ökumene im Festgottesdienst am 9. März 2025 in Würenlos
Tom Sommer,
Es gibt mindestens zwei Gedichte vom Theologen und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer, die über alle konfessionellen Schranken hinweg bekannt sind: «Von guten Mächten wunderbar geborgen» und «Wer bin ich?». Beide kamen im Rahmen des sog. Fastengottesdienstes in der Kirche St. Maria zum Einsatz. Konzipiert hat diese Messe der ehemalige Zürcher Grossmünsterpfarrer Dr. Christoph Sigrist. Er war persönlich an der Aufführung in Würenlos beteiligt in der Rolle des damaligen Gefängniswärters von Dietrich Bonhoeffer. Neben ihm waren in Rahmen des Trialogs auch die Stimmen der Verlobten von Bonhoeffer und eben dieser selbst zu hören (Britta Schönberger bzw. Tom Sommer). Ein eindrückliches und schwergewichtiges Wortgeflecht war da zu hören – Erlebnisse, Beschreibungen und tiefste Emotionen in Brief- und Gedichtform kamen zum Ausdruck.

All dies wurde leichter verdaulich durch die wunderbaren musikalischen Zwischenstücke, sowohl solistisch mit Monica Angelini und Erwin Heusser als auch durch die zwei Chöre der beiden Dorfkirchen – einfach wunderbar schön und ergreifend all dies! Die liturgische Gesamtleitung hatte Pfarreiseelsorger Mario Stöckli.

Das vielfältige Leiden der Menschen – unter anderem Hunger, der Zukunft behindert – und (geo-)politische Krisen waren sozusagen der Anlass, diese Bonhoeffer-Messe aufzuführen. Sowohl die gesprochenen als auch die gesungenen Texte zeigten klar: Es ging ein Stück weit um Geschichte, aber politisch und geistlich gesehen ist alles noch brandaktuell. Ein paar Textfragmente aus dieser Messe mögen dies aufzeigen, mit dem Ziel, sich in der Tiefe mitnehmen, ja herausfordern zu lassen, das eigene Herz in Bewegung zu bringen.

Bonhoeffers Gefängniswärter:
«Ich hatte eine Schwäche seinen Gedanken und Gebeten gegenüber. Er war ein Christ, der lebte, was er glaubte; er war ein Theologe, der nachdachte, was Gott vordachte».
«Wo haben wir Verrat am Evangelium begangen? Ich bin heute ein Christ und wie ein Vogel im Gefängnis der Kirche. Gefängnis Kirche? Verängstigt verkriecht sich die Kirche, also ich als Christ, hinter der Kirchenbank – die Bänke, auf denen Gottes Lob gesungen wird…».

Bonhoeffers Verlobte:
«Wie soll ich unsere Liebe messen, da du von mir getrennt bist? Ich habe einen Kreidestrich um mein Bett gezogen, etwa in der Grösse deiner Zelle; ein Tisch und ein Stuhl stehen da, so wie ich es mir vorstelle».
«Nur der Druck, mit dem er meine Hand hielt (beim Gefängnisbesuch), zeigte seine Gefühle».
«Heisst Christ-sein einfach Mensch-sein, keine Weltflucht, keine fromme Praxis? Einfach Mit-Leiden, hineinziehen lassen in den Schrei am Kreuz?»
«Unser Leben – was war unser Leben, und was ist mein Leben jetzt? Ein Fragment voller Sehnsucht, zusammengeführt zu werden. Dietrich hat einen Lobgesang auf das Leben als Fragment geschrieben. Fragmente sind bedeutsam auf Jahrhunderte hinaus, weil ihre Vollendung nur eine göttliche Sache sein kann».

Dietrich Bonhoeffer:
«Ich höre deine Schritte langsam sich entfernen und verhallen. Was bleibt mir? Ahnst du, dass ich jetzt ein schreckliches Verlangen habe nach eigenen Schmerzen? Glück und Unglück können rasch und überwältigend uns treffen.»
«Glück und Unglück kommen zu ihrer Erfüllung in der Seligkeit dieses Ziels: Wir in Gott und Gott in uns.»
«Ich habe keinen Zweifel, dass nur wahres Christentum unseren westlichen Völkern zu einem neuen und geistlich gesunden Leben verhelfen kann. Aber die Christenheit muss sehr anders werden, als sie sich gegenwärtig darstellt.»
«Wer ist Christus eigentlich für uns? Nicht der religiöse Akt macht den Christen!»
«Wer bin ich? Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott. Deine Weisung suche ich, o Gott!»

«Ite missa est!» ganz zum Schluss: Dieser lateinische Entlassungsruf am Ende einer Messe – und auch in der aufgeführten Bonhoeffer-Messe – heisst wörtlich «Gehet hin, ihr seid gesandt». Welch eine Aufforderung, den tiefen Gehalt des Evangeliums hinauszutragen. In der deutschen Fassung ist nur der schlichte Zuspruch «Gehet hin in Frieden» zu hören. Beides gehört zusammen, das hat diese Aufführung erneut sehr schön zum Ausdruck gebracht.

Tom Sommer
Kirchenpflegepräsident
Bereitgestellt: 14.03.2025     Besuche: 32 Monat 
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